Stellungnahme zum PAG

Im folgenden findet ihr eine von der Jugendgruppe erstellte Stellungnahme zum PAG. Diese ist eine Kurzfassung der offiziellen Stellungnahme von Amnesty International. Letztere findet ihr kostenlos und ungekürzt hier.

An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich beim Verfasser für seinen Text.

Geplante Neuordnung des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes:
Rechtsstaatlichkeit sowie Freiheits- und Bürgerrechte achten!

Amnesty International sieht die geplante Neuordnung des Bayerischen Polizeiaufgabengesetztes (PAG) sehr kritisch. Zahlreiche vorgesehene Bestimmungen widersprechen der Rechtsstaatlichkeit und stellen einen Eingriff in die Freiheits- und Bürgerrechte dar.

Mit der Einführung des undefinierten Begriffs „drohende Gefahr“, die bereits im Juli 2017 mit einer Änderung des derzeitigen Bayerischen PAGs erfolgte, ist es der Polizei möglich in Grundrechte einzugreifen, ohne dass klar ist, welches Verhalten zu einer solchen Einschätzung führt und wie diese begründet ist. Dies stellt eine Gefahr für die Rechtssicherheit und hier insbesondere des Bestimmtheitsgrundsatzes dar. Das Bayerische PAG sieht derzeit keine Kriterien vor, die eine Orientierung oder gar eine Maßgabe für die Einstufung von Gefahrenzuständen geben würden.

Gegen Personen, von denen eine „drohende Gefahr” ausgehen soll, könnten mit der Verabschiedung des Gesetzes weitreichende Maßnahmen ergriffen werden, wie z.B. eine Postsicherstellung, die es den Behörden erlauben würde Postsendungen von betreffenden Personen ohne deren Wissen sicherzustellen und zu öffnen. Dies widerspricht dem Post- und Fernmeldegeheimnis und stellt einen starken Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar, insbesondere da bei Briefwechseln immer zwei Personen beteiligt sind und somit auch in das Briefgeheimnis beider eingegriffen wird.

Mit den geplanten Eingriffen in den Telekommunikationsbereich würde es möglich werden, dass die Polizei, ohne Wissen der Betroffenen, verschlüsselte Kommunikationsinhalte überwacht und Online-Durchsuchungen durchführt, was den Einsatz von Staatstrojanern bedeutet, welche die Daten des Betroffenen direkt auf dessen Endgerät, wie z.B. einem Computer oder Handy, abgreifen und auf diese Weise bspw. nachgeschaltete Verschlüsselungen umgehen können – alles auf Grundlage der vagen Kategorisierung als „drohende Gefahr”. Online-Durchsuchungen erlauben das Auslesen ganzer IT-Systeme und sind somit ein starker Eingriff in das Recht auf Privatsphäre, der eine Verhältnismäßigkeit erfordert, welche durch die laxen Bestimmungen zur Durchführung nicht gegeben sein kann.

Das Gesetz zur Neuordnung des PAG erleichtert auch die Administrativhaft für Gefährder, da nun Ausnahmefälle geschaffen werden, in denen eine persönliche Anhörung nicht mehr erforderlich ist. Dabei läuft eine Administrativhaft grundsätzlich rechtsstaatlichen Standards zuwider, da Betroffenen elementare Grundsätze eines Strafverfahrens, wie z.B. ein Rechtsbeistand und die Unschuldsvermutung, vorenthalten werden. Amnesty International lehnt daher jede Form von Administrativhaft ab und sieht in diesem Zusammenhang gerade in der geplanten Verschärfung des Bayerischen PAGs ein abzulehnendes Vorhaben.

Mit der Möglichkeit der Videoüberwachung öffentlicher Räume werden die Befugnisse der Polizei weiter ausgebaut, sodass es möglich wird große Menschenansammlungen anlasslos zu überwachen, ohne dass diese unter das Versammlungsgesetz fallen. Ausschlaggebend für eine solche Überwachung sollen Größe oder Unübersichtlichkeit der Örtlichkeit sein. Insofern ist in diesem Fall sogar die ohnehin schon vage Bestimmung „drohende Gefahr” nicht mehr maßgeblich, sondern ausschließlich die Entscheidung der Polizisten, was einer Beliebigkeit Vorschub leistet. Diese weitreichende Ausweitung der Videoüberwachung stellt einen Angriff auf das Recht der informationellen Selbstbestimmung dar.

Zusammengefasst stellen zahlreiche der geplanten Regelungen einen erheblichen Eingriff in grundlegende Normen der deutschen Rechtsordnung sowie eine Einschränkung von Bürgerrechten dar.

Amnesty International fordert die Bayerische Regierung auf, alle nötigen Schritte einzuleiten, um diese Rechtsverletzungen auszuschließen.

 

5. Oktober 2018