Die Anzahl der Menschen, die im Juni und Juli 2018 im Mittelmeer ertrunken sind, ist auf mehr als 721 Tote gestiegen, obwohl sich weniger Menschen auf den Weg machen das Mittelmeer nach Europa zu überqueren. Laut Matteo de Bellis, Experte für Asyl und Migration bei Amnesty International sei der jüngste Anstieg an Toten im Mittelmeer nicht nur eine Tragödie, sondern eine Schande. Grund dafür sind die Maßnahmen europäischer Staaten, um die sogenannte Mittelmeerroute zu schließen. Gegen diese europäische Abschottungspolitik protestierten am gestrigen Tag, dem 25.08.2018 unsere Bündnispartner der „Seebrücke München“ und unsere Jugendgruppe am Europaplatz in München. Diese Demonstration stellt den Auftakt für eine europäische Protestwoche unter dem Motto „build bridges, not walls“ da.
Amnesty International fordert die Europäische Union dazu auf mehr Verantwortung zu übernehmen und eine menschenrechtskonforme Aufnahme von Flüchtlingen sicher zu stellen.
Im Vergleich zum Jahr 2015, in dem die EU die Kapazitäten für die Seenotrettung im Mittelmeer aufstockte und so viele Flüchtlinge von dem Ertrinken rettete, liegt heute jedoch der Schwerpunkt auf dem Kampf gegen Schmuggler, sowie das Ablegen von Flüchtlingsbooten.
Im vergangenen Jahr versäumte die EU eine Überarbeitung des Dublin-Systems, daraufhin begann Italien geretteten Menschen den Zugang zu sicheren Häfen zu verweigern und benutzt somit Menschenleben als Verhandlungsmasse gegen die EU. Diese bürokratischen Verzögerungen führen dazu, dass hilfsbedürftige Menschen wie Verletzte, Schwangere und unbegleitete Minderjährige tagelang auf See ausharren müssen. Am Bord herrschen zudem mangende hygienische Verhältnisse und Wasser- und Nahrungsknappheit.
Im Gegensatz zu früher wälzt die EU die Verantwortung der Seenotrettung auf Nichtregierungsorganisationen ab und kooperiert zudem mit der libyschen Küstenwache, die für ihre Menschenrechtsverletzungen bekannt sind. In einem UN-Bericht aus dem vergangene Jahr wurde bekannt, dass Flüchtlingsboote von der libyschen Küstenwache beschossen wurden und die geretteten Menschen schwer misshandelt wurden.
“Eine Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache darf nur erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass sie nicht wie bisher massiv gegen Menschenrechtsstandards verstößt“, so Dr. René Wildangel, Experte für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International in Deutschland.
Die geretteten Flüchtlinge werden zurück nach Libyen gebracht in den überfüllten Haftzentren drohen ihnen Misshandlung, Vergewaltigung, Zwangsarbeit, Folter und Sklavenhandel. Weitere Informationen dazu findet ihr hier.
Des Weiteren wird die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen, die Flüchtlinge im Mittelmeer retten zunehmend behindert und erschwert. Italienische und maltesische Behörden schüchtern diese ein, indem sie beispielsweise keine europäischen Häfen anlaufen dürfen oder ihre Schiffe beschlagnahmt werden.
Die europäischen Staaten müssen wieder die Seenotrettung in den Vordergrund stellen und dafür sorgen, dass Geflüchtete in Länder kommen, in denen ihnen keine Menschenrechtsverletzungen drohen und sie Asyl beantragen können.