LGBTQ Rechte auf dem afrikanischen Kontinent

Am 17. März, vergangenen Freitag, war der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, kurz genannt IDAHOBIT. Es ist kein Zufall, dass genau an diesem Tag weltweit der kenianische Film “Rafiki” von  Wanuri Kahiu in einigen ausgewählten Kinos Premiere feierte.

“Rafiki”, auf Swahili ‘Freund’, steht repräsentativ für eine ganze Reihe an Filmen, und Geschichten, und Serien, die immer mehr in die Mainstream-Medien gelangen. Der Film, von der Regisseurin selbst als Afro-Bubblegum beschrieben, handelt von der Liebesgeschichten zwischen zwei Mädchen in Nairobi, deren Väter politische Rivalen sind. Aber mehr als die eigentliche Geschichte des Films, oder das Talent der Regisseurin und Schauspieler, hat die Reaktion der kenianischen Behörden auf ‘Rafiki’ den Film bekannt gemacht, weit über Indie-Filmfestivals und Kenia hinaus: Der Film, zuerst verboten, durften nun endlich genau eine Woche lang in Kinosälen in Kenia ausgestrahlt werden. Diese Zensur, nur ein Merkmal diskriminierender Institutionen und Gesetzgebung, trifft nicht nur ‘Rafiki’ in Kenia, sondern ist Teil eines größeren strukturellen, und auch gesellschaftlichen, Problems auf dem afrikanischen Kontinent.LGBTQ Menschen sind zu oft noch Verfolgung ausgesetzt, stellen zu oft die Opfer von Gewalt, und können zu oft nicht friedlich in der Gesellschaft leben. In vielen Ländern Afrikas, 49 um genau zu sein, gelten gleichgeschlechtliche Beziehungen noch als illegal, und stehen teilweise noch unter der Todesstrafe. Und obwohl weltweit sich immer mehr Menschen für die Rechte von LGBTQ Menschen stark machen, ist die Situation auf dem Kontinent um einiges komplexer geworden, da sich die Gesellschaft und auch deren Werte ständig wandeln. Erst vor kurzem, am 24. Mai 2019, hat das kenianische Verfassungsgericht ein Klage verschiedener Organisationen und Aktivisten zurückgewiesen und somit Paragrafen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Strafe stellen, bestätigt. Aber auch beispielsweise in Ghana und Uganda wird institutionell gegen LGBTQ Menschen diskriminiert, und deren Lebensweise gefährdet. Gleichzeitig gibt es auch sehr viele Lichtblicke, da die Gesellschaft sich wandelt und einigen Ländern auch die Justiz: 2015 schaffte Mozambique ein Gesetz, stammend aus portugiesischer Kolonialherrschaft, ab, dass “unnatürliche sexuelle Handlungen” kriminalisiert. Allein die Tatsache, dass auch in anderen afrikansichen Ländern, daneben auch Kenia, diese Gesetze immer wieder hinterfragt werden und auf ihre Verfassungsstimmigkeit geprüft werden, zeigt, wie sich der Kontinent weiterentwickelt.

Beim Betrachten dieser Entwicklung kommt die Frage nach der Geschichte auf: warum existieren diese Gesetze? Woher kommen diese altertümlichen, oft schwammigen Formulierungen? Die Länder des afrikanischen Kontinents sind extrem unterschiedlich, mit verschiedenen Stämmen, Kulturen, Sprachen, und Religionen. Eine Sache jedoch beeinflusste ihre Gesetze und Institutionen gleichermaßen: europäischer Kolonialismus. Bis auf zwei Länder, Äthiopien und Liberia, waren alle heute existierende Länder, wo auch selbst die Grenze koloniales Erbe sind, Opfer des europäischen Imperialismus. Es ist diskutierbar, ob die Institutionen und Strukturen, die dadurch geschaffen wurden, heutzutage von Vorteil sind, aber im Bezug auf Sexualität und Gender kann man nicht leugnen, woher diese Gesetze, und das mit ihnen verbundene Verständnis, stammen. Die andere Frage ist natürlich, warum, beim Erstellen der neuen, unabhängigen Verfassungen, genau diese Gesetze übernommen wurden. Es wird viel über die Marginalisierung von LGBTQ Menschen auf dem afrikanischen Kontinent gesprochen, und viel zu wenig über die Mitverantwortung der europäischen Kolonialherren.

Eine Mitverantwortung, die auch heute noch das privilegierte Europa hat. Es ist ein Zeitalter der Migration angebrochen, eine Gegenwart der “Flüchtlingskrisen” dominiert die Schlagzeilen und das politische Klima, aber ein genaueres Infragestellen der Fluchtursachen fehlt. Warum fliehen LGBTQ Menschen aus Tunesien, Kenia, und Uganda? Weil sie dort verfolgt werden, oftmals auch vom Staat. Aber warum ist dort Homosexualität kriminalisiert? Rückständige Gesellschaft ist eine viel zu einfache Antwort in einem Kontinent mit so vielen verschiedenen Völkern, unterschiedlichen Kulturen, und komplexer Geschichte. Genau diese komplexe Geschichte deutet auf die heutige Verantwortung Europas hin, LGBTQ Rechte in Afrika zu stärken. Deshalb arbeiten Amnesty International und weitere internationale Menschenrechtsorganisationen schon länger mit Aktivisten und Organisationen vor Ort zusammen und machen sich für ihre Rechte stark.

 

7. Juni 2019